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Mittwoch, 21. März 2018

Kurdische Gemeinde : SPD hält den Olivenzweig hoch


SPD hält den Olivenzweig hoch
Gestern versuchten ca. 20 kurdische und deutsche Jugendliche mit Abgeordneten im in der bayrischen SPD-Zentrale in München wegen der verzweifelten Lage der Kurden in Afrin ein Gespräch zu führen. Sie meinten, dass sie dort auf eine Resonanz für die sie ganz konkret betreffende Verzweiflung wegen der türkischen Angriffe finden könnten und wollten Abgeordnete dazu bewegen, dagegen Stellung zu beziehen.

An der SPD-Zentrale

Kurden protestieren in München gegen Besetzung von Afrin

Etwa 20 Aktivisten der prokurdischen Gruppe "Bündnis Hände weg von Afrin" ginge heute in die bayerische SPD-Zentrale in München, um mit Abgeordneten über die türkische Besetzung in Nordsyrien zu sprechen. Die SPD erstattete Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch.
https://www.br.de/nachrichten/oberbayern/inhalt/kurden-protestieren-in-muenchen-gegen-besetzung-von-afrin-100.html
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Kurdische Gemeinde: SPD hält den Olivenzweig hoch
München (21.03.2018) - Gestern versuchten ca. 20 kurdische und deutsche Jugendliche mit Abgeordneten im  in der bayrischen SPD-Zentrale in München wegen der verzweifelten Lage der Kurden in Afrin ein Gespräch  zu führen. Sie meinten, dass sie dort auf eine Resonanz für die sie ganz konkret betreffende Verzweiflung wegen der türkischen Angriffe  finden könnten und wollten Abgeordnete dazu bewegen, dagegen Stellung zu beziehen.
Kurz  nachdem die Jugendlichen ihr Ansinnen vorgebracht hatten,  glich das Gelände und die umliegenden Straßen jedoch einer regelrechten Belagerung durch bewaffnete Polizeieinheiten des USK und Staatsschutzleuten, als handele es sich hier um einen Terroranschlag.
Die SPD hatte sofort mit einer Hausfriedensbruchanzeige gedroht und offensichtlich schon die Polizei gerufen. Drei  der Jugendlichen wollten sie bitten, doch von dieser Anzeige abzusehen, nachdem 17 von ihnen bereits das Haus verlassen hatten. Die SPD stellte jedoch die Strafanzeigen,  wegen Hausfriedensbruch, Zwei der Jugendlichen wurden wegen Tragen einer PYD-Fahne in polizeilichen Gewahrsam  genommen[1].
Offensichtlich fühlte sich die SPD nicht als Ansprechpartner für wichtige politische Belange, die nicht zu ihrem politischen Fokus gehören und als störende kriminelle Angelegenheiten empfunden werden.
Was die Bundes-SPD im großen Stil tut, praktiziert die bayrische SPD auf ihrem Level.
Die ethnischen Säuberungen der Türkei in Afrin gehören inzwischen ja bekanntlich bei der deutschen Regierung und somit des SPD-geführten Außenministeriums zur außenpolitischen Routineabwicklung Im Zweifelsfall „liegen keine Erkenntnisse vor“ oder ist der Angriffskrieg in Afrin  eine Situation, die zu „fluide“ ist,  um als Angriffskrieg identifiziert zu werden. Was natürlich lächerlich ist. Die Türkei müsse ihre Grenzen schützen und Terroristen bekämpfen, wird für das solideste Argument gehalten und selbst Gegner dieses Angriffs lassen sich von diesem ebenso falschen und lächerlichen offiziellen Diskurs beeindrucken, indem sie immer pflichtschuldigst nur vom unrechtmäßigen Töten der Zivilbevölkerung sprechen und die Kurden der YPG davon ausnehmen.
Für die Regierung, die in der die SPD erheblichen Einfluss hatte und hat, war keine Liebesdienerei zu geschmacklos, keine Aussage zu zynisch, keine Tat zu ruchlos  und gehört Völkermord inzwischen als Banalität des Bösen zur Tagespolitik.
Es ist dieselbe Regierung, die sich schämen sollte, dass Böhmermann sich im eigenen Land verstecken muss und mit ihrer Hilfe angeklagt wurde,  dass der Fußballer Naki moralisch zum Schuldigen gemacht wurde, während die Killer, die es auf ihn und andere Kurden abgesehen haben, frei herumlaufen. Sie sollte sich schämen, dass  der Grünen- Vorsitzende und damals potentielle Kandidat für den Ministerposten des deutschen Außenministeriums bei einer internationalen Konferenz in München, die  sich auch noch Sicherheitskonferenz nennt ,vor den  türkischen Schläger- und Killertruppen des türkischen Außenministers Cavusoglu , die offiziell für dessen  Schutz abgestellt waren,  in Sicherheit gebracht werden musste.
Wie müssen sich da erst die weniger prominenten Kurden fühlen, die hier weniger Rechte genießen und die zu gefährlichen Terroristen hochstilisiert werden, weil sie verzweifelt versuchen, Gehör zu finden für eine Sache, für die jede Demokratie sich einsetzen sollte? Die weniger prominenten, weil kurdischen Journalistinnen, Menschenrechtler, Anwältinnen, Politiker und all die anderen sitzen massenhaft in türkischen Kerkern.
Kinder, die kurdische Melodien gesummt haben, bekommen mehr als 20 Jahre Knast. Von denen spricht niemand.
Wie konnten diese Jugendlichen also so naiv sein, zu glauben, dass diese SPD noch irgend etwas mit den Werten zu tun hat,  die sie heute verteidigen?
Die SPD hat sie nämlich nicht nur abgewiesen, sie wollte gleich mit sämtlichem schweren strafrechtlichen Geschütz auffahren und hat ihnen damit dauerhaft Integration und ein Leben in Deutschland verbaut. [2]. Nicht mal die CSU, die für law  and order  steht und antikurdisch ist, hat sich so verhalten, als Kurden wegen Kobane versuchten, ein Gespräch anzubahnen.
Wenn Nahles u.a. aus der SPD und CDU sich wie an diesem Tag, also einen Tag nach dieser ruhmreichen Reaktion der bayrischen SPD  äußern und  die plündernden IS-Truppen in Afrin angeblich verurteilen, dann tun sie das wohlgemerkt, nachdem diese Truppen mit ihrer Unterstützung Afrin nach tausendfachem Morden und der Vertreibung der gesamten Bevölkerung  übernommen haben.
Die SPD setzt sich nicht auseinander, sie befolgt das Diktat der TR, sie regiert, diktiert und tötet unsere Demokratie.
Türken mit deutscher Staatsangehörigkeit wählen vorzugsweise die SPD.  2007 ließ die kurdische Gemeinde  bei der SPD-nahen  Gewerkschaft über einen SPD-Funktionär anfragen, ob die Gewerkschaft bereit wäre, bei den Feierlichkeiten zum Tag der Arbeit eine Gedenkminute zum Jahrestag des Massakers auf der 1. Maikundgebung in Istanbul, bei der 34 Menschen ermordet wurden.  Nachdem er angefragt hatte, antwortete der Funktionär ihr, dass die Gewerkschaft dazu nicht bereit sei, es gäbe zu viele Türken in der Gewerkschaft.
Welche Art von Türken müssen das dann gewesen sein, frägt man sich. Faschisten? An jenem Tag starben in der Türkei auf dem größten Platz in Istanbul auch türkische Gewerkschafter. Also welcher Ideologie wurde da gehuldigt?
Die SPD-geführte rheinland-pfälzische Ordnungsbehörde ADD hat es sich auf die Fahnen geschrieben, mit bürokratischen Mitteln, Hilfsleistungen des Kurdischen Roten Halbmonds (kurdische Einrichtung analog zum Roten Kreuz) und die die kurdische Bürger  hauptsächlich selbst finanzieren und ehrenamtlich unterstützen, zu verhindern oder falls dies nicht möglich ist, erheblich zu verzögern.
Vorwand dafür ist,  dass die Hilfsorganisation in der Türkei verboten ist, eine hohe Fluktuation in dem Vorstand des Vereins herrscht und „dass es keine genügende Gewähr für die zweckentsprechende, einwandfreie Verwendung der Geldspenden sowie der Förderbeiträge“ gebe. Wenn es um kurdische Gelder geht, dann müssen diese natürlich zweckentfremdet sein. Die, die für ein solches Argument Verständnis haben, bedenken nicht, dass die Kurden keinen Staat haben und nicht den Luxus besitzen, die Ereignisse von ihren Wohnzimmersesseln aus mit zu verfolgen, sondern innerhalb einer  Widerstandsbewegung eine Situation meistern müssen, die eigentlich nichts mit den Aufgaben einer solchen Bewegung  zu tun haben. Und wenn sie verletzt sind, müssen sie sich mit dreckigen Lumpen die Wunden verbinden.
In Afrin musste sie eine bombardierte Infrastruktur, die Versorgung von Verletzten und die Hunderttausenden Zivilisten, die dort hin geflohen waren, meistern, was sie mit Bravour getan hat. Und zwar ohne die Milliarden, die Erdogan dafür bekommt, dass er für privilegierte Islamisten Flüchtlingslager einrichtet. Alles, was man hier dazu zu sagen hat, ist jedoch, dass die Gelder zweckentfremdet würden, weil sie nicht nur den Kindern zukommen würden, die der Verein als Hilfebeispiel besonders hervorhebt, u.a. wahrscheinlich in Erinnerung an die massenhaft durch das Erdogan-Regime in Nordkurdistan erschossenen Kinder.
Im Grunde sind es nur kleine  Fehler, die Nichtprofis begehen könnten, die Heyva Sor eventuell vorgeworfen werden können. Aber gerade Kurden kann man weder einen realen, vermeintlichen noch einen angeblichen Fehler verzeihen. Wie die großen Menschenrechtsorganisationen. Wenn man die nämlich etwas genauer ansieht,  schaut, wer ihnen inzwischen mit welchem Profil vorsteht, mit welchen (regierungsnahen) Organisationen sie wie  zusammenarbeiten , welche Statements sie in letzter Zeit bezüglich der Kurden von sich geben, dann wird klar, dass man sie und ihre Ideologie wie die Medien inzwischen genauer unter die Lupe nehmen sollte.
Dass die Einheiten der YPG, alles stehen und liegen ließen, um nahezu die gesamte Zivilbevölkerung von Afrin zu evakuieren und zwar mehrere Hunderttausende, die zuletzt kein Wasser, keine Kläranlage, keine Bäckereien und keine Krankenhäuser mehr hatten, weil die gezielt von der Türkei bombardiert wurden, übersehen auch die selbsternannten Moralisten der UNO, die bis vor kurzem der YPG vorwarfen, die Menschen nicht fliehen zu lassen.
Dass die Türkei solche Organisationen mit Hilfe politischer Verwalter vollkommen jeglicher Werte beraubt und sie wie traurige Ruinen dastehen lassen kann, sagt sehr viel darüber aus, wie es hier mit uns steht.
Wenn es so weit gekommen ist, wer erwartet da, dass Parteien etwas Anderes sind als die Büttel dieser Aushöhlung?
Dass die Spenden für Heyva Sor durch eine SPD-geführte Behörde untersagt und Spendendosen eingezogen wurden , ist auch bloß eine Sache, mit der diese Behörde  zusammen mit anderen Behörden versucht, seine Geldgeber, die Kurden hier, zu diskreditieren und zu diffamieren, v.a. aber Hilfsleistungen zu verhindern.  Für was sollte die YPG in Afrin  denn diese Gelder verwenden? Sie teilten in Afrin das letzte Stück Brot und den letzten Liter Wasser mit jedem der dort lebt. Was sollten sie also vereinnahmen? 
Die Einzigen, die dort plündern, stehlen und morden sind die IS-Truppen der Türkei.
Während die Kurden trotz ihres eigenen Elends in Afrin, in Cizire und Kobane dieses Elend auch noch teilen, bekommt die Türkei Milliarden, die sie zweckentfremdet und veruntreut. Als riesige Spenden aus Deutschland wegen der Erdbeben dort eingingen, krähte kein Hahn danach, dass damit türkische Beamte oder der Wahlkampf finanziert wurden, während die Türkei den Verschütteten in den kurdischen Gebieten keine Hilfe zukommen ließ.
Dass auch diese Hilfsleistungen nach Meinung der SPD  zu viel für den Feind ihres Waffenbruders sind und  die Kurden ihrer Ansicht nach nichts anderes verdienen, als ohne jede Hilfe elendig zu krepieren, das stellt diese Bürokratie unter Beweis.
Die Meister des Todes verstehen sich am besten darauf, Opfer in Täter zu verwandeln und Täter in Opfer. Dem Völkermord und seine politische Abwicklung in eine banale Normalität, in Alltagspolitik umzuwandeln. Darin war der SPD-Außenminister Gabriel ein Meister.
In den Bundesländern  streichelt man die Seele der zurückgekehrten IS-Mörder, indem man sie wieder integrieren möchte, aber ihre Opfer möchte man nirgends anderswo als vor dem Strafgericht stehen sehen.
Ausgerechnet die Opfer sind es, die die Schuld einer aus dem  Selbstbild ausgelagerten Täteraffinität   tragen  und auch deshalb  hier diffamiert, verfolgt und kriminalisiert werden.

Die SPD ist keinen Deut besser als die  Kinkels, Kanthers und co, die mit der Strategie, einen Völkermord in einen Antiterrorkampf umzubenennen und damit sowohl in der Türkei als auch der EU eine Legitimationsbasis für den Völkermord an den Kurden geschaffen haben.
Sie will auch gar nicht besser sein.
Der Glaube, dass dieses Ereignis in München und die Haltung der SPD etwas Bedeutungsloses sei, weil es als lokales Ereignis gesehen wird, ist ein Irrglaube. Es hat dieselben fatalen Folgen wie die verharmlosende Äußerung eines deutschen Außenministers gegenüber einem faschistischen Regime. Alles fügt sich zu einer logischen Einheit zusammen, die einzig dazu dient, dass …all diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit legitimiert und Opfer und Täter verkehrt werden.
Kurdische Gemeinde Bayern (ViG)
kurdgem(at)gmail.com

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[1] Die Fahne wurde  von mindestens zwei deutschen Gerichten als für nicht verboten befunden.

[2] Erschwerte Einbürgerung, Asylwiderruf, Abschiebungen, kein Zugang zum öffentlichen Dienst, keine Teilnahme am politischen Leben